Österreichischer Special Report
Gesundheit, Demographie und Klimawandel. Zusammenfassung für Entscheidungstargende und Synthese
Herausgegeben von Hanns Mohammer, Herausgegeben von Raya Muttarak, Herausgegeben von Willi Haas
Der Kenntnisstand in Kürze
Die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit sind bereits heute spürbar und als zunehmende Bedrohung für die Gesundheit in Österreich einzustufen. Die stärksten Gesundheitsfolgen mit breiter Wirkung sind durch Hitze zu erwarten. Veränderungen in Ökosystemen begünstigen zudem das Auftreten von Pollenallergien und durch Vektoren übertragene Infektionskrankheiten. Mit vermehrten Gesundheitsfolgen ist auch auf Grund von extremeren Niederschlägen und Stürmen zu rechnen. Darüber hinaus können die demografische Struktur, die Alterung der Bevölkerung und Migration die Anzahl jener Menschen erhöhen, welche gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind. Dabei sind die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels nicht gleichmäßig auf die Bevölkerungsgruppen verteilt. Ältere Menschen sind beispielsweise physiologisch anfälliger für extreme Hitze, während Migranten mit geringeren sozioökonomische Ressourcen über eine geringere Anpassungsfähigkeit verfügen.
Es gibt zahlreiche Handlungsoptionen, um die Gesundheitsfolgen des Klimawandels abzuschwächen und die Vulnerabilität zu reduzieren. Diese reichen von besserer Information schwer erreichbarer Personen und städteplanerischen Maßnahmen gegen Hitze bis hin zur Bekämpfung stark allergener Pflanzen sowie einer integralen Ereignisdokumentation von Extremwetterereignissen für gezieltere Maßnahmen bei gestärkter Eigenvorsorge. Die Früherkennung von Infektionserkrankungen erfordert eine Verbesserung der Kompetenzen von Bevölkerung und Gesundheitspersonal. Ebenso kann einer klimabedingt wachsenden gesundheitlichen Ungleichheit durch gesteigerte Gesundheitskompetenz vorgebeugt werden.
Gleichzeitig können aber Chancen für Klima und Gesundheit genutzt werden. So kann bei der Ernährung insbesondere die Reduktion des überhöhten Fleischkonsums die Gesundheit verbessern und Treibhausgas-Emissionen (THG) reduzieren. In der Mobilität reduziert eine Verlagerung zu mehr aktiver Mobilität (zu Fuß gehen sowie Rad fahren) und öffentlichem Verkehr insbesondere in Städten gesundheitsrelevante Schadstoff- und Lärmbelastung; sie führt beiderseits zu gesundheitsförderlicher Bewegung und vermindert THG-Emissionen. Die Reduktion des klimarelevanten Flugverkehrs vermindert auch nachteilige Gesundheitsfolgen. Beim Wohnen ist der große Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser im Neubau wegen des hohen Flächen-, Material- und Energieaufwands zu hinterfragen, und attraktives Mehrfamilienwohnen kann durch gesundheitsfördernde und klimafreundliche Stadtplanung forciert werden; thermische Sanierung reduziert zudem den Hitzestress im Sommerhalbjahr. Der Gesundheitssektor selbst ist ebenfalls klimarelevant und begründet die Notwendigkeit einer eigenen Klimastrategie; pharmazeutische Produkte haben einen wesentlichen Anteil am Carbon- Footprint; die Vermeidung unnötiger Diagnostik und Therapien senkt THGEmissionen, PatientInnenrisiken und Gesundheitskosten.
Eine Transformation im Schnittfeld von Klima und Gesundheit zu initiieren, erfordert eine übergreifende Zusammenarbeit von Klima- und Gesundheitspolitik und ist eine attraktive Chance zur gleichzeitigen Umsetzung der österreichischen Gesundheitsziele, des Pariser Klimaabkommens und der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Die Wissenschaft kann mit Transformationsforschung und forschungsgeleiteter Lehre transformative Entwicklungspfade beschleunigen und neue interdisziplinäre Problemlösungen begünstigen.