Christian Brachthäuser
Vergangene Fürstenpracht
Orangeriekultur, barocke Gartenkunst und antikes Dekor: Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen(1604-1679) und der Herrengarten in Siegen
Die Umgestaltung der Siegener Innenstadt in unmittelbarer Nähe zum Herrengarten haben das geschichtsträchtige Areal wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt. „Vergangene Fürstenpracht“ dokumentiert mit vielen bislang unveröffentlichten Illustrationen und Informationen die Entstehung und Blüte barocker Gartenkunst in Siegen, ihren Niedergang und Funktionswandel.
Die vorliegende Studie untersucht die kunsthistorischen Motive für die Anlage des Herrengartens in der Stadt Siegen. Nach seiner Rückkehr aus Brasilien griff Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen (1604-1679) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aktiv in die Landschaftsgestaltung ein und schuf eine repräsentative Miniaturausgabe der sagenhaften „Gärten der Hesperiden“ mit blühenden Zitrusgewächsen und antiken Stilelementen. Als „Global Player“ des Hauses Nassau profitierte er von gartenarchitektonischen Impulsen der Oranier in den Niederlanden, seinen exklusiven Erfahrungshorizonten aus Südamerika und seinem Engagement für den „Großen Kurfürsten“ Wilhelm von Brandenburg in Kleve.
Der Herrengarten in Siegen diente zum Amüsement der Hofgesellschaft, aber auch zur Demonstration fürstlicher Herrschertugenden und künstlerischer Extravaganz. Zahlreiche historische Quellen, darunter ein bislang unbekanntes Inventar aus dem Jahr 1817 im Stadtarchiv Siegen, zeichnen das Bild eines Lustgartens mit Orangerien im Stil des niederländischen Klassizismus und skulpturaler Ausstattung nach. Durch eine Baumallee war die herrschaftliche Grünanlage einst sogar mit dem Tiergarten verbunden.
Nach Versteigerung des Interieurs einer Orangerie im Jahr 1783 verschwand der Herrengarten im Zuge der fortschreitenden Urbanisierung Siegens ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich aus dem Stadtbild. Die antiken Götterfiguren wurden veräußert, der historische Lanzengitterzaun und das steinerne Eingangsportal entfernt. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden das letzte der beiden Gewächshäuser und das ehemalige „Teehäuschen“ abgebrochen.