Xinyan Zhang
Wenn Religion gewalttätig wird
Der Taiping-Aufstand und seine diskursiven Verortungen
Bezugsobjekt ist der Taiping-Aufstand im Zeichen von Bestrebungen, den Protestantismus in China einzuführen, was zur Herausbildung des „Himmelreichs des Großen Friedens“ von 1851 bis 1864 führte. Dieses Regime gilt mit dem Tode von vielen Millionen Menschen als einer der größten Bürgerkriege der Menschheitsgeschichte. Angesichts der umfangreichen Literatur erweist sich der Aufstand als geeignetes Untersuchungsobjekt für eine Diskursanalyse zum Verhältnis von Religion, Gewalt und Gebietsherrschaft. Die Arbeit betritt Neuland insofern, als sie die Unterschiede von Autoren und ihrer jeweiligen Konstruktion von Wirklichkeit herausarbeitet und dabei die Ursachen für höchst divergierende Sichtweisen aufdeckt. Die Analyse ist ausgedehnt durch einen Rückgriff auf relevante theoretische Ansätze der Religions- und Geschichtswissenschaft. Als Ergebnis einer Synthese von Empirie und Theorie werden acht Modelle zu Religion und Gewalt in der Gebietsherrschaft hergeleitet, in denen nur die Autoren sprechen, deren Schriften Gegenstand des diskursanalytischen Zugriffs waren. Damit wird im Sinn der Diskurstheorie ein Kampf um Deutungsmacht in den Spannungsfeldern Theokratie und Säkularisierung auf der einen Seite und Marxismus und Modernisierung auf der anderen offengelegt. Die Berücksichtigung des Erkenntnisfortschritts seit dem Taiping-Aufstand macht es möglich, Vergangenheit und Gegenwart in Bezug zu setzen, um auch wichtige Einblicke in aktuelle Erscheinungen von Religion, Gewalt und Gebietsherrschaft unserer Zeit zu erlangen.