Erhard Schütz / Jörg Döring
Benn als Reporter: “Wie Miss Cavell erschossen wurde”
Am frühen Morgen des 15. Oktober 1915 wird in Brüssel die englische Krankenschwester Edith Cavell von
deutschem Militär hingerichtet. Sie war von einem Besatzungsgericht der Fluchthelfertätigkeit für schuldig
befunden worden. Das Urteil und seine Vollstreckung Iöst weltweit Empörung aus. Nurse Cavell wird zu
einer der Märtyrerinnengestalten des Ersten Weltkriegs.
Einer, der den Prozeß wie die Hinrichtung als abkommandierter Augenzeuge mitverfolgt hatte, war der
Arzt und Dichter Gottfried Benn.
13 Jahre später schreibt Benn für das 8-Uhr-Abendblatt der Nationalzeitung seinen Augenzeugenbericht
des Geschehens: eine virtuose Imitation des neusachlichen Reportagetons.
Das vorliegende Buch behandelt “Wie Miss Cavell erschossen wurde” als Schlüsseltext für Benns werkbiographische Entwicklung: Für die linken Reporter der Weimarer Republik wird Benn zum Feindbild, im “Dritten Reich” rettet dieser Text ihm die Haut.