Tobias Häberer
Das Werden von Subjekten anhand von Einforderungen des Rechts auf (die kreative) Stadt
Empirische Forschungsarbeit zur widerständigen Subjektkonstitution von Kreativschaffenden im und um das ehemalige Quelle-Gebäude in Nürnberg
Die Denkgebäude um die Kreative Stadt und das Recht auf Stadt sind für den urbanen Raum im noch jungen 21. Jahrhundert zwei wirkungsmächtige Gestaltungsparadigmen. Dabei sind auf konzeptioneller Ebene zwar durchaus gemeinsame Berührungspunkte gegeben, allerdings werden diese in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht allzu häufig aufgegriffen. Gleichwohl offenbart eine Gegenüberstellung der Konzepte beiderlei: inhaltliche Überschneidungen, aber auch Differenzen. So betonen beide Konzepte die Wichtigkeit der gesellschaftlichen Vielfalt, enthalten Aufforderungen zur Mitgestaltung des Stadtentwicklungsprozesses oder heben die Bedeutung der Begegnungsfunktion der Stadt hervor. Widersprüche hingegen existieren u.a. hinsichtlich der unterschiedlichen Positionierung gegenüber der (human-)kapitalistischen Verwertungslogik oder beim jeweiligen Stellenwert von gesellschaftlicher Inklusion (insbesondere bei Richard Floridas ausgrenzender Formulierung des Kreativ-Klassenbegriffs). Ein rein theoretischer Vergleich führt somit in einen Patt.
Daran ansetzend hat diese empirische Arbeit zum Ziel, näher auf die Begegnung der beiden Konzepte in der urbanen Praxis einzugehen. Auf der Suche nach einer praktischen Entsprechung traf der Autor auf den Verein „Quellkollektiv“, einer Vereinigung von kreativschaffenden Personen, die sich während der gemeinsamen Zwischennutzung des ehem. Quelle-Versandhauses in Nürnberg zusammengefunden hat. Aufgrund ihrer alltäglichen Betätigungsfelder im Kreativarbeitsbereich sowie der parallel dazu stattfindenden Raumaneignungspraktiken des äußerst großflächigen Gebäudes lassen sich ihre Handlungen beiden Stadtentwicklungsparadigmen zuordnen.
Im Resultat findet sich vorliegend eine empirische Forschungsarbeit, die mittels einer akteurszentrierten und subjektorientierten Theoriebildung den Erfahrungsprozess des Quell-kollektivs über mehrere Jahre nachzeichnet, um daraus schließlich eine Theorie von werdenden Subjekten abzuleiten. Im Zuge dessen konnte u.a. dargestellt werden, wie beide Stadtentwicklungsparadigmen, verstanden als gesellschaftliche Wissensordnungen, in diesem Kontext jeweils praktisch in Erscheinung treten und sich dabei begegnen, ergänzen, aber auch widersprechen.