Verena Maar
Der Einfluss der Grenze und die Grenze des Einflusses
Familiensprachenpolitik in Brandenburg bei deutsch-polnisch mehrsprachigen Familien
Die Dissertation befasst sich mit der Familiensprachenpolitik (FLP, vgl. King et al. 2008; Curdt-Christiansen 2009) mehrsprachiger Familien in Brandenburg und stellt die Frage, ob und warum die Eltern in diesen Familien ihre verschiedenen Sprachen – mindestens Deutsch und Polnisch, in manchen Familien auch weitere – an ihre Kinder weitergeben oder nicht – und wenn ja, auf welche Weise sie dies tun. Brandenburg grenzt im Osten mit einer relativ dünn besiedelten Region direkt an Polen und umgibt die vielfältige deutsche Hauptstadt Berlin. So wurde aufgrund der örtlichen Gegebenheiten zudem die Frage behandelt, inwiefern sich Theorien von Transnationalität und Superdiversität auch auf Regionen abseits der Urbanität anwendbar sein können.Es wurden zehn leitfadengestützte Interviews mit jeweils einem Elternteil aus Familien in unterschiedlicher Entfernung zur deutsch-polnischen Grenze durchgeführt und auf dem theoretischen Hintergrund von Transnationalität und Superdiversität unter der Nutzung der Nexusanalyse (vgl. Scollon 1998; 2001; Scollon & Scollon 2004) diskursanalytisch ausgewertet sowie auf der Einzeltext-, der Diskurs- und der Gesellschaftsebene dargestellt und diskutiert (vgl. Bendel Larcher 2015). Auf der Gesellschaftsebene wurde die Nexusanalyse dabei in einer innovativen Herangehensweise durch ein triadischen Analyserasters mit der Theorie der Grenze (vgl. Schiffauer et al. 2018) zusammengebracht, so dass Fragen der Grenzziehung auf den Bereich der Sprachweitergabe bezogen werden konnten. Hier konnte ein Einfluss der räumlichen Nähe zu Polen auf die Familiensprachenpolitik festgestellt werden. Die Grenzregion Brandenburgs zu Polen kann als Schlussfolgerung auch als transnational und superdivers beschrieben werden, wobei Transnationalität hier Yamamura (2022) folgend als sozioräumliche Expression von Superdiversität verstanden wird.Die Ergebnisse sprechen dafür, die Spezifik des Ortes ins dynamische Modell zur Beschreibung von FLP (vgl. Curdt-Christiansen & Huang 2020) aufzunehmen und den externen Einflussfaktoren zuzuordnen. Es zeigt sich zudem, dass die Theorie der Grenze zukünftig weitere Aspekte der Erforschung von Familiensprachenpolitik bereichern kann. Die Grenztheorie scheint geeignet, zukünftig sowohl auf räumliche, als auch z.B. auf soziale oder sprachliche Grenzziehungen angewendet zu werden.