Christopher Retsch

Sprechendes Metall?

Die Rüstung als Objekt und Bedeutungsträger in Gesellschaft und Kunst des Spätmittellalters

Reihe:

Sprechendes Metall?
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Rüstungen gehören wahrscheinlich zu den allgemein bekanntesten Objekten des Mittelalters. Schon kleine Kinder wissen vermeintlich was eine ,Ritterrüstung‘ ist und, dass diese ins Mittelalter gehört. Aber entgegen dieser landläufigen Vorstellung trugen nicht nur Ritter derartige Harnische, sondern nahezu jeder Mann des Spätmittelalters besaß und nutzte Rüstungen, auch Bürger, Bauern und sogar einige Weltgeistliche. Diese Tatsache lässt auf eine breite Kenntnis der mannigfachen Arten von Rüstungen in der spätmittelalterlichen Gesellschaft schließen. Dies wiederum ermöglichte den Künstlern unterschiedliche Aussagen mittels der Darstellung verschiedener Arten von Rüstungen. Dabei konnten sie sich sowohl auf die tatsächlichen Unterschiede in der zeitgenössischen Nutzungspraxis beziehen, vom pragmatischen Körperschutz bis zum vergoldeten Harnisch, als auch von ihr deutlich abweichen. Die Rüstungsteile wurden somit zu Trägern differenzierter Bedeutungen, die relevante Aussagen über die in Kunstwerken dargestellten Figuren und Geschichten vermitteln konnten.
Die Untersuchung vielfältiger Quellen des Spätmittelalters offenbart ein facettenreiches Bild der spätmittelalterlichen Rüstungen, deren Nutzung in Krieg und Frieden und deren bildlicher Wiedergaben in der Kunst. Die herangezogenen Quellen reichen von literarischen Werken zur symbolischen Bedeutung ritterlicher Waffen, zahlreichen Vorgaben zum Rüstungsbesitz in Stadt und Land, Musterungslisten und Inventaren, Anweisungen aus geistlichen Spielen und Fastnachtsspielen über schriftlich und bildlich festgehaltene Vorgaben vor Anfertigung der eigentlichen Kunstwerke bis hin zu den zahlreichen Kunstwerken mit Darstellungen geharnischter Figuren, seien es (Grab-) Skulpturen, Wandmalereien, Tafelgemälde, Buchmalereien, Zeichnungen oder Druckgrafik.
Eine gründliche Analyse der zeitgenössisch-spätmittelalterlichen Begriffe ermöglicht ein genaueres Verständnis der zahlreichen zitierten Quellen und bringt interessante Ergebnisse hervor. Die Untersuchung der in über 300 Abbildungen wiedergegebenen spätmittelalterlichen Kunstwerke verdeutlicht die vier hauptsächlichen Varianten Rüstungen darzustellen (zeitgenössisch, altmodisch, antikisierend oder phantastisch) und zeigt darüber hinaus die mitunter überraschenden Möglichkeiten, mittels kleiner Details zu den zeitgenössischen Rezipienten ,zu sprechen‘, um Bedeutungen und Inhalt der Kunstwerke zu vermitteln.