Andrea Sommerlechner

Stupor mundi?

Kaiser Friedrich II. und die mittelalterliche Geschichtsschreibung

Reihe:

Stupor mundi?
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230 historiographische Werke, vorwiegend des 13. Jahrhunderts, werden in ihrer Beziehung zu Kaiser Friedrich II. untersucht. Der Staufer erscheint als Protagonist oder Mitakteur in einer Weltgeschichtsschreibung, die von der Geschichtsexegese zum Kompendium, zum Kaiser-Papst-Katalog und zur Exempelgeschichtsschreibung führt, in der neuartigen Annalistik und Chronistik der italienischen Kommunen und in den Landesgeschichten Deutschlands, Siziliens, Outremers und Frankreich. Die Historiographie stellt den Herrscher Friedrich II. anhand seiner Reiche, seiner Reichtümer, der dynastischen Stellung und repräsentativer Auftritte dar; sie bildet Anfang und Ende seiner Herrschaft im Querschnitt, als Vernetzung einer Vielfalt von Handlungen, ab; sie erfaßt die Herrschaft des Kaisers, jeweils als Welt-, Landes- und Stadtgeschichte, im Segment. Der Kreuzzug Friedrichs II., von verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und in eine Reihe von Episoden zerfallen, konfrontiert die Geschichtsschreibung mit dem Paradoxon” des exkommunizierten Kreuzfahrers und dem Vertrag zwischen Kaiser und Sultan und markiert den Übergang vom Kreuzzug als Handlungsstrang der Heilsgeschichte zum Kreuzzug als Faktor in den Machtverhältnissen im östlichen Mittelmeer. Der Konflikt Friedrichs II. mit den oberitalienischen Kommunen illustriert eine Bandbreite von Konstellationen zwischen Kaiser und Kommunen: von der klaren Gegnerschaft bis zum Bild von Friedrich II. als Verursacher des innerstädtischen und italienischen Schismas; darüber hinaus bietet der Konflikt mit den Kommunen den Chronisten ein Reservoir an effektvollen Situationen, an kaiserlicher “Inszenierung” und an dramatischer Handlung. Der Person Friedrichs II. nähert sich die Geschichtsschreibung in den konventionellen Kategorien des Fürstenlobs und der Invektive und indem sie ihn zum Protagonisten von Szenen und Anekdoten macht. In allen Darstellungsmodi, aber auch im Eingehen auf die Familie, auf die Umgebung und auf den Tod des Kaisers, bleibt die Figur Friedrichs II. zwischen zwei Extremen gespalten: Versuche, den Staufer in ein Portrait zu fassen, führen zur Einengung ins Exempel oder zur “Auflösung in Anekdoten.